Message posted on 08/07/2020

Friendly Reminder – Call for Papers: GWTF Jahrestagung 2020 "Die experimentelle Konstruktion der Wirklichkeit: Art, Facts, and Artefacts", 19. & 20. November 2020 in München (und hybrid)

                Dear colleagues,
<br>
<br>The annual conference of the "Gesellschaft für Wissenschafts- und
<br>Technikforschung" (GWTF) will take place this year on 19 & 20 November 2020 in
<br>Munich and, depending on the necessary protection and distance measures, in a
<br>more or less hybrid format. With the attached Call for Papers the organisers
<br>Jan-H. Passoth, Katharina Kinder-Kurlanda and I are looking forward to
<br>receiving interesting submissions (approx. 300 words, German/English) until 10
<br>July 2020 to be submitted to tagung@gwtf.de .
<br>
<br>If you encounter good ideas and practical solutions for digital and hybrid
<br>conference and workshop formats in the coming weeks, we would be very happy to
<br>receive hints and links. We will do our best to find a good format for the
<br>discussion of presentations as well as to ensure that the annual conference
<br>will continue to serve as a networking and meeting platform.
<br>
<br>All our best wishes!
<br>
<br>__
<br>
<br>
<br>Liebe Kolleginnen und Kollegen,
<br>
<br>Die Jahrestagung der Gesellschaft für Wissenschafts- und Technikforschung
<br>(GWTF) findet dieses Jahr am 19. & 20. November 2020 in München sowie in
<br>Abhängigkeit von notwendigen Schutz- und Distanzmaßnahmen in einem mehr
<br>oder weniger hybriden Format statt. Mit dem angehängten Call for Papers
<br>freuen die Organisator:innen Jan-H. Passoth, Katharina Kinder-Kurlanda und ich
<br>uns über spannende Einreichungen (ca. 300 Worte, deutsch/englisch) bis zum
<br>10. Juli 2020 an tagung@gwtf.de .
<br>
<br>Dazu eine Bitte: Wenn Sie in den kommenden Wochen über gute Ideen und
<br>praktische Umsetzungen für digitale und hybride Konferenz- und
<br>Workshopformate stolpern, dann freuen wir uns sehr über Hinweise und Links.
<br>Wir werden uns bemühen, sowohl ein gutes Format für die inhaltliche
<br>Diskussion zu finden als auch dafür, dass die Jahrestagung auch in diesem
<br>Jahr als Vernetzungs- und Begegnungsort funktioniert.
<br>
<br>Viele Grüße!
<br>
<br>—
<br>
<br>
<br>###
<br>
<br>GWTF
<br>
<br>Gesellschaft für Wissenschafts- und Technikforschung e.V.
<br>
<br>Call for papers, GWTF Jahrestagung 2020 am 19. & 20. November 2020 in
<br>München (und hybrid)
<br>
<br>Die experimentelle Konstruktion der Wirklichkeit: Art, Facts, and Artefacts
<br>
<br>Organisation: Judith Igelsböck, Katharina Kinder-Kurlanda, Jan-Hendrik
<br>Passoth
<br>
<br>Um das Faktische ranken sich in jüngster Zeit neue Varianten. Die Rede von
<br>Arte-Fakten ist schon länger etabliert, die Rede vom Post-Faktischen ist
<br>hingegen jüngeren Datums. Dabei wird der Raum jenseits des Faktischen mit
<br>unterschiedlichen Kennzeichnungen und Motiven ausgeleuchtet. Ganz prominent
<br>etwa das Vorbringen von „Alternativen Fakten“, um – zumeist politisch
<br>motiviert – andere Deutungsmöglichkeiten dessen, was ist, Beachtung zu
<br>verschaffen und zu plausibilisieren. Hier wird der Blick auf die Arten und
<br>Weisen der Tatsachenfeststellung gelenkt und über die Rechtfertigbarkeit
<br>verschiedener Formen des Feststellens von Fakten debattiert. Von einer anderen
<br>Seite kommend, aber ebenso relevant, sind Debatten um das „Ende der
<br>Theorie“. Im Angesicht umfassender Datenverfügbarkeit wird vielfach
<br>proklamiert, dass Theorie nicht mehr erforderlich sei, denn man könne die
<br>Wirklichkeit direkt aus den Daten selbst extrahieren. Diese Lesart gewinnt
<br>ihre Plausibilität aus der schieren Verfügbarkeit von Daten. Beiden
<br>Fällen gemein ist jedoch, dass die Verfahren zur Feststellung des Faktischen
<br>verstärkt experimentelle Züge annehmen. Denn wie genau die Fakten
<br>hergestellt werden, bleibt nicht selten unklar. Probierendes, exploratives,
<br>reflexives und vorläufiges Feststellen des Faktischen kennzeichnen eine
<br>zunehmend experimentelle Konstruktion sozialer Wirklich- keiten, bei der
<br>zusätzlich unterschiedliche Formen des Experimentierens ausprobiert werden:
<br>Vom Aufbau differenzierter Testverfahren über situative
<br>Experimentalanordnungen bis hin zu künstlerischen Formen. Im Rahmen der
<br>Tagung wollen wir zwei miteinander verschränkten Dynamiken der
<br>Experimentalisierung des Faktischen nachgehen.
<br>
<br>Zum einen der Digitalisierung und Verdatung, welche dazu führen, dass
<br>gesellschaftliche Wirk- lichkeiten zunehmend durch digitale
<br>Informationsinfrastrukturen vermittelt und transformiert werden. Das Faktische
<br>ist somit nicht unmittelbar gegeben, sondern grundsätzlich technisch
<br>erzeugt. Es fällt hierbei auf, dass im Zuge von Digitalisierung und
<br>Verdatung wesentliche Kom- ponenten der Erkenntnis von Wirklichkeit durch
<br>Wissenschaft praktisch relativiert werden, etwa die Bedeutung von Theorie.
<br>Bekannt ist auch, dass etwa in der Klimaforschung nicht gemessene Daten,
<br>sondern simulierte Daten die Grundlage für eine empirische Bestätigung von
<br>Aussagen bilden. Eine neue Qualität erhält diese Situation in der
<br>Gegenwart durch den Einsatz von KI, durch den neue Mensch-Technik
<br>Verhältnisse in der Produktion von Evidenz und Erkenntnis entstehen.
<br>Insbesondere wird die Stellung des Menschen als Subjekt von Er- kenntnis in
<br>einem bisher nicht gekannten Maßstab relativiert.
<br>
<br>Zum anderen den Medialisierungsprozessen, die oftmals gebündelt unter dem
<br>Stichwort Social Media verhandelt werden und die die Formen medialer
<br>Wirklichkeitskonstruktion verän- dern. Obgleich man mit Luhmann
<br>argumentieren kann, dass wir ohnehin Wissen nur über die Massenmedien
<br>wüssten, so erscheint mit der rezenten Medialisierungswelle eine neue Quali-
<br>tät Einzug zu halten, die sich am Wegfallen von Gatekeepern, der
<br>Unmittelbarkeit von Ereignis und Bericht, praktisch instantanen
<br>Beachtungsmessungen sowie mehr oder weniger skalen- freien Vernetzungen von
<br>Inhalten festmachen lässt. Das wirkt sich nicht nur in der politischen
<br>Kommunikation aus, die stärker polarisiert wird und zugleich ihre Formen
<br>verändert, sondern ebenso in der Wissenschaft, etwa mit dem Einzug von
<br>Altmetrics-Verfahren.
<br>
<br>Diese Entwicklungen mag man beklagen oder begrüßen, auffällig ist
<br>zunächst einmal, dass als Reaktion auf die aus der Transformation des
<br>Faktischen erwachsenden Folgen und Ne- benfolgen experimentelle Verfahren als
<br>Mittel der Wahl der weiteren Wirklichkeitserschließung angesehen werden. Dies
<br>scheint wiederum in Resonanz mit einer grundlegenden Verschie- bung
<br>gesellschaftlicher Handlungskoordination zu stehen, welche durch die wachsende
<br>Be- deutung experimenteller Praktiken im Allgemeinen gekennzeichnet ist.
<br>
<br>Auch die Wissenschafts- und Technikforschung selbst bleibt jedenfalls nicht
<br>unberührt von diesen Bewegungen rund um das Experimentieren mit neuen
<br>Repertoires zur Herstellung der Wirklichkeit. Während innerhalb der
<br>verschiendenen beteiligten Disziplinen eine Reihe an Ini- tiativen beobachtet
<br>werden können, die zum Experimentieren ermutigen, gibt es auch Forde- rungen
<br>zum Rückbezug auf die Re-installation des Vertrauens in wissenschaftliche
<br>Expertise mit ihren eingeübten Methoden der Herstellung von Faktizität.
<br>
<br>Vor diesem Hintergrund widmet sich die diesjährige Tagung der GWTF dem
<br>Problem, welche Formen der experimentellen Konstruktion von Wirklichkeit sich
<br>mit Blick auf die genannten Verschiebungen des Faktischen zeigen und welche
<br>Treiber für deren Form und Dynamik beobachtet werden können.
<br>
<br>Die Beiträge für die Tagung können folgende Fragekomplexe adressieren:
<br>
<br>Welche Bedeutung kommt dem X-Faktischen in Wissenschaft und Politik zu? Die
<br>Aus- weitung ‚epistemischer Kampfzonen‘ steht in engem Zusammenhang mit
<br>der hohen Re- levanz von (wissenschaftlichem) Wissen für politisches
<br>Entscheiden. Und mit der Zu- nahme von Praktiken des Vergleichs oder der
<br>„Governance by indicators“ (man denke nur an die so genannten Sustainable
<br>Development Goals, SDGs) zeigt sich die Ambiva- lenz solcher Praktiken. Denn
<br>hier werden Fragen der Verknüpfung von Wissenschaft mit Politik, Macht,
<br>Demokratie virulent und es stellt sich die konkrete Frage, wie politische
<br>Macht epistemisch konstituiert wird.
<br>Welche Felder der experimentellen Konstruktion von Wirklichkeit sind besonders
<br>aktiv bzw. in ihrer Eigenlogik in besonderer Weise wirklichkeitsgestaltend?
<br>Wir haben schon einzelne Felder genannt, aber diese Liste ist keinesfalls
<br>abschließend. Vielmehr vollzie- hen sich in unterschiedlichen Sphären
<br>Entwicklungen, welche zur Veränderung des Fak- tischen beitragen, man denke
<br>nur an die Maker-Bewegung oder die Bedeutung künstle- rischer Aktivitäten
<br>bzw. des Designs.
<br>Welche wissenschaftsforscherischen Herausforderungen sind damit verbunden? Ein
<br>Stichwort stellt hierbei die These von Steven Shapin „Science of
<br>subjectivity“ dar. Denn STS hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt,
<br>wie Objektivität gemacht wird, aber we- niger, wie Subjektivität gemacht
<br>wird. Dabei kommt gerade diesem Umstand in der Ge- genwart eine größere
<br>Bedeutung zu.
<br>Welche experimentellen Verfahren der Herstellung des Faktischen lassen sich
<br>mit Blick auf Big Data und Social Media finden? Inwieweit wird dort
<br>reflektiert, dass die Wirklichkeit der sozialen Medien in Echtzeit manipuliert
<br>werden kann? Welche neuen Konstellatio- nen aus Mensch und Maschine liegen den
<br>diesen Evidenzpraktiken zu Grunde?
<br>Was hält die gegenwärtige Bewegung hin zum Experimentieren (zum Beispiel
<br>an der Schnittstelle Kunst und Wissenschaft) und die Erweiterung des
<br>methodischen Reper- toires in Richtung experimenteller ‚post-qualitativer‘
<br>und ‚post-quantitativer‘ Methoden für die Wissenschafts- und
<br>Technikforschung selbst bereit? Entstehen neue Forschungsfra- gen und
<br>-theorien und -felder? Welchen Beitrag kann die Wissenschafts- und Technik-
<br>forschung (zum Beispiel zur Theatralität, Situativität oder Medialisierung
<br>von Wirklich- keitskonstruktion) in den aktuellen Entwicklungen leisten?
<br>Wie kann sich die Wissenschafts- und Technikforschung zwischen einem naiv
<br>positivistischen Bild von ‚harten‘ und ‚nackten‘ Fakten auf der einen
<br>Seite und rein politisch und ökonomisch motivierter Manipulation von
<br>Wirklichkeit auf der anderen Seite, zwischen reinen Daten auf der einen Seite
<br>und wertgeladenen Theorien auf der anderen positionieren? Wie werden dadurch
<br>die Disziplinen und ihre Grenzen herausgefordert? Soll der Wissenschafts- und
<br>Technikforschung an einem Erhalt der etablierten Wege der Wissenskonstruktion
<br>gelegen sein?
<br>Ziel der Tagung ist es, die verschiedenen Rollen der Wissenschafts- und
<br>Technikforschung in Bezug auf die experimentelle Konstruktion von Wirklichkeit
<br>zu diskutieren und alte und neue Ansatzpunkte für eine wissenschafts- und
<br>technikreflexive Positionierung herauszuarbeiten.
<br>
<br>Beitragsvorschläge (ca. 300 Worte, deutsch/englisch) werden erbeten bis zum
<br>3. Juli 2020 an:
<br>
<br>tagung@gwtf.de 
<br>In Abhängigkeit von den im November 2020 notwendigen Schutz- und
<br>Distanzmaßnahmen wird die diesjährige GWTF Tagung in einem mehr oder
<br>weniger hybriden Format stattfinden. Als Organisator:innen freuen wir uns
<br>daher auch dafür auf Anregungen und gute Ideen.
<br>
<br>Während eine Präsenzteils der Tagung können Kinder von Referent:innen
<br>betreut werden. Die Betreuungskosten übernimmt die GWTF.
<br>_______________________________________________
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